In unserem letzten Artikel im November 2024 waren die zunehmenden Wachstumsunterschiede zwischen den USA und Europa ein wichtiges Thema. Europa wurde zusehends instabiler, sowohl konjunkturell als auch strukturell. Unterdessen blieben die USA das, was wir eine Wachstumswirtschaft nennen. Konjunktur und Wirtschaftsstruktur waren stark.
Wir waren der Ansicht, dass dies so weitergehen würde, wenn sich nichts Entscheidendes ändert. Tatsächlich hat sich aber seit der Veröffentlichung dieses Artikels vieles getan. Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus und die Ankündigung reziproker Zölle, die heftiger waren als erwartet, sind ein erhebliches Wachstumsrisiko und erhöhen die Gefahr einer Rezession in den USA in diesem Jahr.
Bei Redaktionsschluss waren diese reziproken Zölle für 90 Tage ausgesetzt. Darauf haben die Märkte positiv reagiert, aber die Zölle sind nur aufgeschoben, und wichtig ist, dass die politische Unsicherheit in Folge der ständig wechselnden Zollpolitik schon für sich genommen Investitionen und Konsum belastet.
Zugleich hilft aber die Entscheidung Europas, das Wachstum der Region mit mehr Staatsausgaben zu stützen, einen Teil der Folgen der Zölle auszugleichen.
So betrachtet, scheinen sich die US- und die europäische Wirtschaft jetzt nicht auseinanderzuentwickeln, sondern einander anzunähern. Europas Konjunktur zieht an, und in den USA besteht das Risiko eines nachlassenden Wachstums.
In diesem Artikel untersuchen wir diese Entwicklungen wie immer aus konjunktureller und struktureller Sicht – und analysieren ihre Bedeutung für Investoren.
Investoren könnten angesichts der Schlagzeilen den Überblick verlieren, aber vieles könnte sich am Ende in Luft auflösen. Aus unserer Sicht sollten sich Anleiheninvestoren auf die langfristigen Fundamentaldaten konzentrieren. Die Renditen sind noch immer hoch und können einen erheblichen Teil der kurzfristigen Volatilität abfedern.
So einfach es auch klingen mag: Renditen sind ein guter Anhaltspunkt für die künftigen Gesamterträge. Betrachten wir beispielsweise Investmentgrade-Anleihen. Bislang war die Korrelation zwischen den Anfangsrenditen und dem Ertrag in den folgenden fünf Jahren immer extrem hoch.
Heute bietet der Anleihenmarkt, abhängig von der Qualität der Emission, in allen Sektoren Renditen zwischen 4% und 8%, und wer sich diese Renditen sichert, darf sich auf attraktive langfristige Erträge freuen. Zugleich könnten Wertpapiere hoher Qualität von der Duration profitieren, wenn in einer Rezession die Zinsen fallen. Zudem dienen sie der Portfoliodiversifikation.